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60 Jahre dpa: Der Stoff zum Verlinken?

Wer hätte das gedacht: Die Deutsche Presse-Agentur verkauft inzwischen für ein paar 100 Euro im Monat ihren Ticker im Themenpaket - für jede Website. So billig kann man inzwischen Online-Zeitung machen. Dabei galt die Agentur, die heute vor 60 Jahren in Goslar gegründet wurde, lange Zeit als unflexibler und teurer Marktführer.

Dienst quittiert
Früher konnten sich nur Verlage und Rundfunkanstalten den dpa-Dienst leisten (es gab ja auch fast niemand anderen). Und keiner konnte es sich leisten, darauf zu verzichten. Diese Zeiten sind vorbei. Das hat die WAZ besonders nachhaltig demonstriert, als sie zum Ende letzten Jahres den dpa-Dienst quittierte.

Natürlich werden jetzt zum Jubiläum auch die alten dpa-Geschichten ausgegraben. Zum Beispiel 1963. Damals war dpa als erste Agentur weltweit mit einer bestätigten Nachricht vom Tod des US-Präsidenten John F. Kennedy auf dem Markt. Ein Jahr später vermeldete die Agentur den Tod des sowjetischen Staats- und Parteichefs Chruschtschow. Der lebte aber noch bis 1971. Die guten, alten Zeiten.

Gesellschafter im Abwärtstrend
Viel spannender als die Vergangenheit ist allerdings die Zukunft. Das Nachrichtengeschäft verlagert sich ins Internet. Auch der kommende dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner (vorher Spiegel Online), der die Agentur von der ebenfalls neuen Zentrale in Berlin aus leiten wird, kommt vom Internet. Die Mehrheit der dpa-Gesellschafter stellen aber satzungsgemäß die Zeitungsverlage - eine Branche, die sich angesichts eines massiven Anzeigeneinbruchs und sinkender Auflagen im Abwärtstrend befindet.

Nicht nur der drei Millionen Euro teure Rückzug des Gesellschafters WAZ provoziert die Frage, ob die dpa-Struktur noch zeitgemäß ist. Sicher: Eine vom Staat subventionierte Agentur wie die französische AFP will in Deutschland niemand. Aber im Vergleich zum inländischen Konkurrenten ddp unterhält die dpa sowohl regional als auch international ein dichtes Korrespondentennetz. Das kostet.

Teure Korrespondenten, billig zu haben
In 80 Ländern der Welt ist dpa vertreten. 456 Redakteure werden im In- und Ausland eingesetzt. Bleibt die Frage, wie lange dieser Luxus in einer Medienkrise noch bezahlbar ist - oder ob die Agentur, die im vergangenen Jahr 94 Millionen Euro umsetzte, kurzfristig sogar davon profitiert, dass ihre Eigentümer unter Einspar-Druck vermehrt redaktionelle Kapazitäten zurückbauen.

Schon heute sind (dieselben) dpa-Meldungen allerdings an jeder virtuellen Ecke des Internets zu haben. Letztlich fällt der Nachrichten-Einheitsbrei zwar auf jene Websites zurück, die das verwechselbare Material automatisiert ins Netz stellen. Aber der Widerspruch bleibt: Einerseits lebt eine Nachrichtenagentur von der Distribution ihrer Inhalte; andererseits verkaufen die Hauptkunden immer weniger Zeitungen und stellen dieselben Nachrichten zum kostenlosen Zugriff ins Netz.

Doch das spielt alles noch im Web 1.0. In der Link-Öknomie, im Zeitalter von Facebook und Twitter, stellen sich die Zukunfts-Fragen schon wieder ganz anders: Wird es dpa gelingen, den Nachrichten-Grundstoff zu produzieren, der Blogs und soziale Netzwerke zum Glühen - und Verlinken - bringt? Und wenn ja, wer wird dann dafür bezahlen?
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