Was wollt Ihr also? Tagesschau-App trotz Verleger-Protesten draußen

Fast ein Jahr nach der Ankündigung, die damals hohe Empörungswellen schlug, ist sie nun raus: die kostenlose Tagesschau-App, die löblicherweise nicht nur für Apple-Geräte, sondern auch für Android-Handys und Blackberrys angeboten wird. Doch medienrechtlich ist die Smartphone-Anwendung nach wie vor zwiespältig einzuschätzen.



"Wenn sich bezahlte Applikationen auf mobilen Geräten nicht durchsetzen, wird dies Tausende Arbeitsplätze in der Verlagsbranche kosten", drohte Springer-Chef Mathias Döpfner schon Ende 2009 im Focus. Inzwischen verbreitet der bekennende iPad-Fan allerdings lieber positive Schlagzeilen. Kürzlich trommelte Döpfner eine Pressekonferenz zusammen, um über eine halbe Million verkaufte Verlags-Apps innerhalb eines Jahres anzupreisen.

Keine Tränen
Die Apokalypse müssen nun andere verkünden. Die neue Anwendung verstoße "gegen geltendes Recht", ließ sich der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger jetzt vernehmen. Und der alte Streiter Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer der Zeitschriftenverleger-Verbandes, klagte: "Gespeist aus einem großen Gebührentopf wirft der NDR seine Gratis-App auf den Markt und beeinträchtigt das junge Geschäft der Verleger mit Apps, die damit Geld verdienen müssen."

Ob da jemandem die Tränen kommen? Hoffnung auf Solidarität dürfen sich die Verleger jedenfalls nicht machen. Denn der Gebührenzahler, der ohnehin schon zur Kasse gebeten wird, bekommt mit der App ein Stück Mehrwert auf einem neuen Medien-Kanal. Die Öffentlich-Rechtlichen wissen, dass sie ihr Publikum - auch neues Publikum - auch im Digitalen abholen müssen.

Nicht revolutionär
Aus Verleger-Sicht ist die Kritik dennoch im Inhalts-Kern nachvollziehbar: Denn die nach Ansicht der meisten Kritiker selbst auf gedruckten Medienseiten "nicht revolutionäre" (taz), aber doch "technisch ausgereift" (Berliner Zeitung) wirkende Tagesschau-App ist nur eine mobilgerechte Aufbereitung von Tageschau.de, jenem Newsportal also, gegen dessen Anteil an "elektronischer Presse" sich die Verlage schon lange und vergeblich gewehrt haben.

Die Charakterisierung von ARD-Aktuell-Chef Kai Gniffke geht so: "Keine zusätzlichen Inhalte, aber mehr Komfort bei der Nutzung." Eine Einschätzung, die schon wieder verdächtig nach verschrobener Duales-System-Logik klingt: Wo keine zusätzlichen Inhalte sind, braucht auch kein Aufsichts-Gremium tätig zu werden. Was wollt Ihr also?

Die ARD erwiese dem Gebührenzahler einen größeren Dienst, würde sie sich auf ihre wirklichen Kerninhalte, die Töne und Bilder, besinnen. Zur Erinnerung: Es waren Hörfunk und Fernsehen, die mit Gebühren finanziert wurden. Das Internet musste erst von Rundfunkpolitikern zum "Rundfunk" erklärt werden. Wie wäre es also mit einer wirklich Touchscreen-tauglichen Mediathek-App für mobile Geräte? Obwohl dann wahrscheinlich die Privatfunker-Lobby VPRT Alarm schlagen würde.