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Was der neue ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust plant

Hat einiges vor: Peter Boudgoust
Foto: SWR/Rafael Krötz
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Hat einiges vor: Peter Boudgoust
Foto: SWR/Rafael Krötz
Seit dem 1. Mai 2007 ist Peter Boudgoust Intendant des SWR; 17 Monate später übernimmt er bereits den ARD-Vorsitz - und hat heikle Pläne. Gegenüber der Financial Times Deutschland forderte der studierte Jurist aus Kostengründen einen Kurswechsel in dem Anstaltenverbund: "Wir müssen stärker auf das Federführungsprinzip zurückkommen, das heißt, dass nicht alle alles machen müssen", sagte Boudgoust.

Zentralismus und Eigeninteressen
Das Ansinnen ist deshalb heikel, weil es an gleich zwei festgemauerten Fronten des Anstaltenverbundes kratzt. Zum einen droht der Ruf nach Federführung das ohnehin schon vorhandene Gefälle zwischen großen und kleinen, reichen und armen Anstalten noch zu verstärken. Zum anderen ist noch jeder Anflug von Zentralismus an den Eigeninteressen der einzelnen ARD-Einheiten zerschellt. Selbst starke Akteure wie der im letzten Jahr abgetretene Programmdirektor Günter Struve konnten die langwierigen und von unterschiedlichen Gemengelagen geprägten Entscheidungswege nicht umgehen.

So kommt es, dass die Tagesthemen trotz einiger Programmreförmchen immer noch keinen festen Sendeplatz haben - was Boudgoust gerne von Montag bis Donnerstag ändern will -, und dass die Politmagazine der einzelnen Anstalten vom Zuschauer nicht als investigatives "Gesamtpaket" wahrgenommen werden, wie Boudgoust auch beklagte.

Schnellere Entscheidungen
"Die ARD wird schneller reagieren müssen", sagte der 55-Jährige nun der FTD. "Wir können uns bestimmte Entscheidungsprozesse, die sehr gründlich, aber eben auch langwierig sind, nicht mehr leisten, weil die Entscheidungsgeschwindigkeit um uns herum massiv zugenommen hat."

Mit seinem Vorpreschen dürfte sich Boudgoust außerhalb der ARD mehr Freunde machen als in den einzelnen Anstalten, denn er argumentiert wirtschaftlich und predigt Sparsamkeit: Während die Kosten für den Erwerb von Senderechten stiegen, liege die Gebührenerhöhung unterhalb der Inflationsrate. Dies führe praktisch zu einer Budgetkürzung. "Darüber will ich nicht jammern. Aber wir müssen uns darauf einstellen, weitere Rationalisierungen und Einsparungen vorzunehmen."

Kein Jammerlappen
Nicht jammern zu wollen, hat Boudgoust in den letzten Tagen auch in einem anderen Zusammenhang bekundet. Es geht um den Drei-Stufen-Test, den der neue Rundfunkstaatsvertrag den öffentlich-rechtlichen Programmen vorschreibt. Boudgoust stellt ihn vor allem als Kostenverursacher dar, eine Meinung, die diesmal breite Zustimmung in allen ARD-Anstalten ernten dürfte. Wer lässt sich schon gerne in die eigenen Karten schauen, wenn er es bisher nicht musste?

Dadurch, dass nicht nur neue Programmpläne, sondern auch der gesamte Bestand auf seinen public value geprüft wird, drohe "der Test zu einem bürokratischen Monstrum zu werden", ließ Boudgoust verlauten. Immerhin hält auch er den Test für "sinnvoll, wenn es um die Überprüfung neuer Programme geht".

Fest steht, dass auf die ARD und ihren neuen Vorsitzenden vielfältige Herausforderungen warten. Die Olympischen Spiele könnten erstmals nicht im öffentlich-rechtlichen Fernsehen erscheinen, wenn das IOC mehr Geld fordert; die ARD jedenfalls behauptet, keinen Aufpreis zahlen zu wollen. Die Neuvergabe der Bundesliga-Rechte erlaubt der ARD dagegen abendliche Zusammenfassungen der Sonntagsspiele, aber Boudgoust möchte den Sendeplatz nach dem Tatort weiter für Anne Will reservieren und den Fußball in den Dritten Programmen zeigen; da ist er sich immerhin mit dem neuen Programmdirektor Volker Herres einig - es gibt aber auch Gegenstimmen.

Nach dem Pulverdampf der ARD-Jugendkanal
Der ehemalige Verwaltungsdirektor kann sogar träumen: Um das Nachwuchsproblem bei der Zuschauerschaft zu lösen, will Boudgoust nicht nur bis zum Frühjahr einen ARD-eigenen Youtube-Kanal eintüten, sondern auch einen neuen ARD-Jugendkanal anregen, "wenn sich der Pulverdampf des Staatsvertrages erst mal verzogen hat". Das klingt nun aber weder wirtschaftlich noch sparsam.
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