Schröder versus Stoiber: medialer Selbstzweck
Das erste Duell der Kanzlerkandidaten war gar kein Duell. Dafür glich es verdächtig einem Abend auf der Bundeskegelbahn. Schröder und Stoiber schoben mal schlecht, mal recht die Kugeln, die ihnen von zwei Moderatoren zugespielt wurden, auf zwei nebeneinander liegenden Bahnen. Meistens spielten sie aneinander vorbei, selten einmal wirklich gegeneinander.
Nur Äußerlichkeiten
Für Nicht-Kegelfreunde, gar Anhänger einer inhaltlichen Debatte, war dieser Abend wenig ersprießlich. Dass Stoiber am Anfang seltsam maskenhaft grinste, Schröder seine Standard-Flokel "und im Übrigen ..." diesmal besonders staatsmännisch vortrug und beide davor zurückschreckten, sich direkt anzusprechen, gar in die Augen zu schauen - in solchen Äußerlichkeiten erschöpfte sich der Gehalt der 75-minütigen Abfrage-Schau.
Und auf solche Äußerlichkeiten musste sich auch der Eindruck reduzieren, den die Demoskopen aller Sender anschließend beim Publikum abfragten. Noch während Peter Klöppel (RTL) und Peter Limbourg (N24) die Abmoderation bestritten, flimmerten in der ARD die erstem Umfrageergebnisse über den Bildschirm. Da lag Schröder weit vorn. Eine Stunde später hatten sich die Ergebnisse ausgeglichen. Nie war Demoskopie so wertlos wie heute.
Blutleer, inhaltsarm
An den Argumenten lag der wundersame Stimmungsumschwung jedenfalls nicht, denn Neues oder zumindest inhaltlich Wertvolles brachten die beiden Kandidaten ja nicht vor. Konnten sie auch nicht, denn das blutleere, überregulierte Konzept der Sendung war so ausgewogen, dass es keinen Platz für Ecken und Kanten ließ - eben für das, was eine Profilierung erst möglich macht.
Dass nach dem Duell die notorischen Experten auf allen Kanälen genau dies bemängelten, glich einem kuriosen Akt der Selbstbespiegelung. Denn tatsächlich ging es in dieser Wer-wird-Kanzler-Schau ja nicht um so etwas Langweiliges wie politische Inhalte, sondern um die mediale Inszenierung - alles reiner Selbstzweck also.
Das einzige wichtige Ergebnis war deshalb eine achtstellige Zahl: 15 Millionen Zuschauer waren auf RTL und Sat1 live dabei. Ganz schön viel Wind um einen Kegelabend. Auch die Öffentlich-Rechtlichen bekamen in den sogenannten Analysen hinterher noch ein Stück vom Quoten-Kuchen. Und in den Zeitungen wird man das alles noch einmal nachlesen können. Am 8. September gibt's die Neuauflage bei ARD und ZDF. Ihr Medien, nun freuet Euch!
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Zuletzt bearbeitet 26.08.2002 11:52 Uhr