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Ein Sportkanal wäre selbst für ARD und ZDF reizvoll

Während Fußball und Formel Eins nach der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch starke Einnahmeeinbußen drohen, demonstrieren die zahlreichen, bislang vom Fernsehen vernachlässigten Sportverbände neues Selbstvertrauen. Ein eigener Fernsehkanal soll die nicht nur bei den Privaten, sondern auch bei ARD und ZDF stark ausgeprägte Fixierung auf wenige Kommerzsportarten aufbrechen. Daran arbeitet ausgerechnet ein ehemaliger öffentlich-rechtlicher Intendant: Günther von Lojewski, vom 1989 bis 1997 Chef des Senders Freies Berlin (SFB). Dem konservativen Journalisten schwebt in seiner ehrenamtlichen Rolle als Vorsitzender der Medienkommission des Deutschen Sportbundes (DSB) nichts weniger als ein privater digitaler Sportkanal vor. Der Sport hätte selbst die Programmhoheit und müsste sich nicht von öffentlich-rechtlichen Intendanten in das Programm reinreden lassen - sagt der Ex-Intendant. Einen solchen Kanal könnte es schon im Jahr 2005 geben, berichtete von Lojewski vor Journalisten an der DSB-Führungsakademie in Berlin, wenn die Digitaltechnik Einzug gehalten hat. Der Sportdachverband mit einer potentiellen Reichweite von fsat 27 Millionen Mitgliedern hat bereits eine Machbarkeitsstudie ausgeschrieben, um die Kosten abschätzen zu lassen und Prognosen über die mögliche Publikumsresonanz zu erhalten. Denn ein privater Kanal müsste werbefinanziert werden. Die Ergebnisse der Studie sollen nach der Sommerpause vorliegen. Die Mehrzahl der 55 dem DSB angeschlossenen Sportarten-Verbände scheint allerdings wegen des wirtschaftlichen Risikos einen Kanal in öffentlich-rechtlicher Regie vorzuziehen. Den Weg dorthin hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck vor acht Wochen bei einem Runden Tisch mit Vertretern des Sports und der Anstalten eröffnet: Der Vorsitzende der Medienkommisison der Länder habe, so von Lojewski, "mit der Faust auf den Tisch geschlagen" und gefordert: "Jetzt machen wir einen eigenen Sportkanal." Eine entsprechende Vorlage Becks, der auch Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrates ist, muss nun in den Gremien der Anstalten geprüft werden. Das kann freilich dauern. Bisher hatten die Verbände unter Berufung auf die Grundversorgung vergeblich gefordert, dass sich die ganze Palette des Sports in der Berichterstattung von ARD und ZDF widerspiegeln müsse. Ein bestehender Gruppenvertrag mit 32 Verbänden schlägt sich kaum in Fernsehzeit nieder. Sogar ein medienrechtliches Gutachten hatte man sich erstellen lassen, um die Anstalten auf ihren Programmauftrag hinzuweisen. Doch mehr Sport als bisher, meint selbst von Lojewski, können auch die Öffentlich-Rechtlichen nicht bringen, jedenfalls nich in ihren derzeitigen Programmen. Also muss ein neuer Kanal her. Und die Aktien des Sports, bei den Fernsehgewaltigen auf Gehör zu stoßen, stehen diesmal gar nicht so schlecht. Genau wie der Parlamentskanal Phoenix, dessen "Erfindung" sich von Lojewski zugute hält, würde auch ein neuer Sportkanal gute Argument für eine Gebührenerhöhung liefern. Und solche Argumente hält man bei ARD und ZDF bekanntlich gerne bereit.
Zuletzt bearbeitet 17.05.2002 13:14 Uhr
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