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Apps, Tablet-Boom? Die IVW beschäftigt sich immer noch mit dem E-Paper

Wird noch nicht erfasst: das göttliche iPad
FHKE/Creative Commons
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Wird noch nicht erfasst: das göttliche iPad
FHKE/Creative Commons
Jüngst vermeldete die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW), dass E-Paper-Verkäufe ab dem II. Quartal 2012 gleichberechtigt den Zeitungsauflagen angerechnet werden. Seit 2003 werden die elektronischen Ausgaben bereits getrennt ausgewiesen, erreichen allerdings nur drei- oder vierstellige Auflagenzahlen. Interessanter als die Aufwertung des elektronischen Stiefkindes E-Paper ist, was die IVW nicht zu vermelden hatte.

In der Pressemitteilung wie auch in den Erläuterungen für IVW-Mitglieder fehlen nämlich sämtliche Buzzwords der aktuellen Medienentwicklung: Kein Wort von Smartphones oder von Tablets, obwohl doch Springer-Chef Mathias Döpfner schon vor zwei Jahren den Apple-Gründer Steve Jobs wegen des iPads zur gottgleichen Person ernannte, obwohl vor Weihnachten auch FAZ und Süddeutsche ihre iPad-Apps publiziert haben, obwohl der Madsack-Verlag neuerdings im hauseigenen Media-Store Zeitungs-Abos, Datentarife und Tablets im Bundle verkauft ... Die Liste ließe sich fortsetzen.

Saubere Trennung
Warum also nur E-Paper und keine "neuartigen digitalen Werbeträger", wie es maliziös in der Pressemitteilung heißt? Dass sei eine "politische Frage", teilt ein IVW-Sprecher mit und verweist an Geschäftsführer Michael Schallmeyer. Der sagt: "Es war ausdrücklicher Wunsch aller Marktbeteiligten, das zunächst sauber zu trennen".

Aus Sicht der IVW, die von ihren Auftraggebern, den Medien, Media-Agenturen und ihren Werbekunden, getragen wird, ist die Erfassung von Zeitungs- oder Zeitschriften-Apps vor allem ein Definitionsproblem: "Wie kriegt man sie als Werbeträgereinheit definiert und welche technische Messgröße wendet man an?", fragt Schallmeyer. "Das Zählen im Sinne von Auflage passt nicht mehr." Zudem seien auf dem Markt der Apps viele neue Publisher tätig, die ebenfalls gerne von der IVW ausgewiesen würden.

Pragmatische Amerikaner
In den USA hat man das Problem pragmatisch gelöst. Dort erfasst das Audit Bureau of Circulations seit letztem Jahr auch diverse digitale Produkte - sogenannte Replica- und Non-Replica-Versionen -, solange sie kostenpflichtig sind und eine Verwandtschaft mit der Print-Ausgabe ausweisen. Klingt eigentlich ganz einfach. Doch in Deutschland ist man noch nicht so weit. "Wir beobachten sehr genau, was sich in den USA oder auch in Großbritannien tut", so Schallmeyer, aber das lasse sich nicht ohne Weiteres auf hiesige Verhältnisse übertragen.

Die gültige Definition der IVW schreibt vor, dass E-Paper und Print-Ausgabe weitestgehend identisch sein müssen. Erscheinungsweise, redaktionelle und werbliche Inhalte haben gleich zu sein, Aktualisierungen des E-Papers sind nur in sehr engem Rahmen möglich. Also ein statischer und unter digitalen Medienbedingungen nicht mehr zeitgemäßer Ansatz. Multimedia-Inhalte, wie sie in Verlags-Apps eingebunden werden können, verstoßen nach derzeitigem Reglement gegen das Identitäts-Gebot. Paywall-Websites fallen ohnehin durch das IVW-Raster.

Absolut interessiert
Ein Update tut also dringend Not. Doch während die IVW seit 2003 neun Jahre bis zur Gleichstellung der E-Paper mit gedruckten Exemplaren benötigte, soll es mit den Apps schneller gehen. "Bei Verlagen und Werbern herrscht absolut Interesse", hat Schallmeyer ausgemacht. Noch in diesem Jahr könne man ein konkretes Modell erwarten; voraussichtlich 2013 werde es dann umgesetzt. Die Weichen soll der im Mai 2012 tagende Verwaltungsrat stellen. Sie planen also doch mit diesen "neuartigen digitalen Werbeträgern" bei der IVW.
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