Sie befinden sich hier:

Zeitungsaufkäufer Montgomery: Die Geier kreisen über der Heuschrecke

Vielleicht muss man nun langsam Mitleid mit David Montgomery bekommen. Vor dreieinhalb Jahren war der Zeitungs-Manager an die Börse gegangen, um mit seiner Firmengründung Mecom ein europaweites Zeitungsimperium aufzubauen - eine Investition in ein mittlerweile totgesagtes Medium. Mitten in der Finanzkrise will niemand mehr einen sprichwörtlichen Pence für bedrucktes Papier von Montgomery geben; auf dieses Peanuts-Niveau und sogar noch etwas darunter war jedenfalls die Mecom-Aktie vor Weihnachten gesunken.

Zwei Monate Galgenfrist
So schnell kann man gar nicht Kosten anpassen, restrukturieren - oder wie auch immer man Entlassungen, Umfangsreduzierungen und redaktionelle Zusammenlegungen heute euphemistisch nennt -, als dass sich dieser Werteverfall auch nur annähernd aufholen ließe. Aber Montgomery, der seine Holding auf geliehenem Geld errichtet hat, muss es versuchen. Zwei Monate Zeit - so hat der Guardian berichtet - wollen ihm die Mecom-Gläubiger geben, um seine Schulden - fast 600 Millionen britische Pfund - zu begleichen.

Nun versammeln sich die Geier. Der Schleswig Holsteinische Zeitungsverlag ist angeblich als erster vorstellig geworden, um sein Interesse an der Hamburger Morgenpost zu bekunden. Die Flensburger könnten ihre Position im Norden ausbauen - und ihnen eilt wegen ihres Rendite-Bewusstseins ein beinahe Heuschrecken-artiger Ruf voraus.

DuMont Schauberg wird sogar ein Interesse an allen deutschen Mecom-Titeln nachgesagt - "reine Spekulation", lässt das Kölner Verlagshaus verlauten. Die Gerüchte ergeben durchaus Sinn: MoPo und Berliner Kurier würden den eigenen Boulevardtitel Express ergänzen, und die Berliner Zeitung, bei der DuMont als "weißer Ritter" gegen Montgomery nicht zum Zuge kam, passt zur Frankfurter Rundschau; deren Chefredakteur Uwe Vorkötter wechselte nach dem Montgomery-Einstieg von Berlin nach Frankfurt.

Beim Versuch, in Deutschland eine Zeitungskette zu bilden und daraus Synergie-Funken zu schlagen, könnte DuMont es trotz Kartellamt weiter bringen als Montgomery. Denn Mecom ist in Deutschland nicht so weit gekommen wie gewünscht; auch von Montgomerys vollmundig verkündeter Online-Strategie ist nichts zu sehen. Investitionen wären dringend notwendig; die Berliner Zeitung braucht ein neues Redaktionssystem.

All dies lässt einen Verkauf der deutschen Mecom-Titel alles andere als unwahrscheinlich erscheinen; doch wenn Montgomery seine Verlagsgruppe wirklich zerschlagen muss, kommen auch andere Länder in Frage. In der britische Presse werden vor allem der norwegische Verlag Edda Media und die 51-Prozent-Beteiligung an der polnischen Presspublica genannt. Dort erscheint die angesehene Tageszeitung Rzeczpospolita, auf die angeblich der in Polen stark engagierte Springer-Verlag ein Auge geworfen hat.
Sie sind: Gast | Login | Registrieren