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DuMont kauft "Berliner Zeitung" und andere deutsche Mecom-Titel

Im zweiten Anlauf geht der Berliner Verlag an DuMont Schauberg
Foto: Netzpresse
Im zweiten Anlauf geht der Berliner Verlag an DuMont Schauberg
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Der Notverkauf der deutschen Titel des britischen Zeitungs-Investors David Montgomery an DuMont Schauberg ist perfekt. Offenbar haben die Kölner gut verhandelt und die schlechte finanzielle Lage von Montgomerys Verlagsgruppe erfolgreich ausgenutzt. Einer Pflichtmitteilung der börsennotierten Mecom zufolge zahlt das viertgrößte deutsche Zeitungshaus nämlich nur 152 Millionen Euro; in den letzten Tagen kursierten noch Summen bis 170 Millionen Euro, die Montgomerys Gläubigerbanken wenigstens etwas besser gefallen hätten.

Als DuMont vor über drei Jahren schon einmal für den damals noch im Besitz von Holtzbrinck stehenden Berliner Verlag bot, wollte das rheinische Verlagshaus nach eigenen Angaben noch bis zu 175 Millionen Euro auf den Tisch legen. Jetzt bekommt DuMont für weniger Geld nicht nur die Berliner Objekte - neben der Berliner Zeitung auch den Boulevard-Titel Kurier und das in der Mecom-Mitteilung offenbar vergessene Stadtmagazin Tip -, sondern auch noch die 2006 von Mecom erworbene Hamburger Morgenpost sowie die 2007 hinzugekommene Netzeitung und weitere neun Websites.

Fast 900 Mitarbeiter sind von dem Geschäft betroffen. Der Verkauf soll im ersten Quartal über die Bühne gehen; gezahlt wird Cash.

Finanzinvestor weg, Einspar-Gespenst noch da
Der Deal steht für zwei Entwicklungen: Einerseits ist der einzige Versuch eines ausländischen Finanzinvestors, auf dem deutschen Zeitungsmarkt Fuß zu fassen, mit Pauken und Trompeten gescheitert. Mehr noch: Mit DuMont Schauberg übernimmt ein traditionelles einheimisches Verlagshaus die heimatlosen Titel. Doch ausgerechnet von den Rheinländern wird nun die Umsetzung jener Spar- und Synergieeffekte erwartet, die Montgomery nicht produzieren konnte.

Dass Uwe Vorkötter, nach Montgomerys Einstieg von der Berliner Zeitung an die Spitze der 2006 von DuMont erworbenen Frankfurter Rundschau gewechselt, nun bereits als (zumindest vorläufiger) Chefredakteur beider Blätter gehandelt wird, ist mehr als nur eine Personalie. Mitarbeiter befürchten, dass DuMont beide Titel miteinander verzahnen möchte, zumal die Rundschau trotz der Umstellung auf Tabloid-Format frühestens 2010 aus den roten Zahlen kommt. Auch bei den Boulevardtiteln - DuMont bringt bereits den Kölner Express mit - gibt es Einsparpotential.

Auf wessen Kosten?
Auf wessen Kosten solche Planspiele gehen, ist noch nicht ausgemacht. In Frankfurt trat DuMont mit einem Bekenntnis zur Beibehaltung der publizistischen Linie und zur überregionalen Erscheinungsweise der linksliberalen Rundschau an. Ausgezahlt hat sich das nicht. Erst kürzlich räumte Altverleger Alfred Neven-DuMont in einem Interview ein, dass die Ergebnisse "nicht unseren Prognosen entsprechen".

Dagegen ist die Berliner Zeitung immer noch profitabel, obwohl die verkaufte Auflage in der Ära des Deutschland-Geschäftsführers und Chefredakteurs Josef Depenbrock auf 161.000 Exemplare (FR: 150.000) gesunken ist. Für das gesamte Deutschland-Geschäft im Jahr 2007 weist Mecom einen operativen Gewinn von 17,6 Millionen Euro aus. Im selben Jahr stand bei der FR ein Minus von 15,7 Millionen Euro in der Bilanz.

Für den Standort Berlin spricht noch ein "weicher" Faktor: Der Gedanke, eine Hauptstadtzeitung weiterzuentwickeln, müsste auch für einen rheinischen Kapitalisten vom Kaliber DuMonts verführerisch sein.
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