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Der "Fall Poschmann" ist für das ZDF kein Fall

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Hat der ehemalige ZDF-Sportchef Wolf-Dieter Poschmann aus falscher Rücksichtnahme die Dopingprobleme eines deutschen Radsport-Rennstalls unterschlagen? Zwei Journalisten, die dem Mainzer Sender nicht ausgestrahltes Material über Doping-Verwicklungen im Team Gerolsteiner brachten, behaupten dies. Das ZDF hat dem Verdacht nach einer internen Untersuchung widersprochen.

"Nach journalistischen Kriterien"
In einer Presseerklärung erklärt der Mainzer Sender, warum er ein von den beiden freien Autoren Fred Kowacz und Ralf Meutgens geführtes Interview mit dem Teamleiter von Gerolsteiner, Hans-Michael Holczer, im Juni nicht ausgestrahlt hatte: "Dagegen sprach zum einen der Stil des überfallartigen Interviews, das nicht in das Konzept der Beiträge passte, sowie der Umstand, dass es keine wesentlichen neuen Informationen enthielt." Weitere gelieferte Materialien wurden nicht oder nur teilweise verwertet. Darüber sei "nach journalistischen Kriterien" entschieden worden.

Das klingt schlüssig. Stutzig kann allerdings der Umstand machen, dass statt des ZDF schließlich ein dänischer Sender das Angebot annahm, die Recherche von Kowacz und Meutgens auszustrahlen - daraufhin trennte sich Gerolsteiner tatsächlich von einem beschuldigten Betreuer. So schlecht kann das Material also nicht gewesen sein.

Ein "Fall Poschmann" wurde daraus aber erst, als Meutgens, der sich als Doping-Rechercheur im Radsport einen Namen gemacht hat, die Ablehnung noch einmal journalistisch im Deutschlandfunk aufrollte. Dass er dies in eigener Sache tat, mag etwas unappetitlich sein. Der Kern des Vorwurfes gegen Poschmann aber betrifft eine noch unappetitlichere Verbindung: Der Mann steht nämlich auf der Gehaltsliste von Gerolsteiner.

"Genehmigte" Nebentätigkeit
Das ZDF bestätigte denn auch, dass Poschmann in den vergangenen Jahren drei Teampräsentationen von Gerolsteiner moderiert habe: "Diese Nebentätigkeiten waren jeweils offiziell beantragt und ordnungsgemäß vom ZDF genehmigt worden", heißt es weiter.

Dass Fernsehsportsmänner ihre TV-Prominenz nebenbei auf Sponsoren-Veranstaltungen versilbern, gehört längst zum guten Ton in der Branche. Auch die ARD, die aktuell durch die Korruptionsfälle der beiden Ex-Sportchefs Jürgen Emig und Wilfried Mohren schwer getroffen ist, hatte mit unschönen Schlagzeilen über ihren Tour-de-France-begeisterten Sportkoordinator Hagen Bosdorf und seine externen Auftritte zu schaffen. Schließlich verabredete man mit Boßdorf, seine Auftritte für den Radsport-Sponsor Telekom einzustellen.

Solche Skrupel plagen das ZDF offenbar nicht. Auch mit dem Verdacht, dass sich ein Redakteur bei der Abnahme von Beiträgen, in denen einer seiner Honorarzahler vorkommt, vielleicht allzu rücksichtsvoll erweisen könnte, hat man keine Probleme: "Eine Prüfung des Vorwurfs hat ergeben, dass es dafür keinerlei Anhaltspunkte gibt."
Zuletzt bearbeitet 10.08.2005 13:40 Uhr
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