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ARD-Soziologie nach der Jauch-Absage

"Eine größere Pleite für die ARD ist gar nicht denkbar ... Jauch sollte die Konsequenzen der gesammelten Fehlleistungen von Christiansen tragen ... Er hat es nicht nötig, sich dem auszusetzen, vor allem wenn man auf die Kakophonie von Medienpolitikern schaut, die sich zuhauf zu Wort melden und so tun, als ginge es ihnen um die Unabhängigkleit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, wo es sich in Wahrheit um nichts anderes dreht, als über die Gremien Einfluss zu nehmen, am besten parteipolitisch motivierten."

So johlte die FAZ über jenes seltsame deutsche Rundfunk-Gebilde namens ARD, kaum das Günther Jauch für die Nachfolge von Sabine Christiansen abgesagt hatte. Stimmt schon: So etwas wie die Personalie Jauch kann nur der ARD passieren, der vielköpfigen Rundfunk-Hydra, dem Marktführer im Gremiendickicht, der "zwischen mangelndem Selbstbewusstsein und Überheblichkeit" taumelt. So steht es in der Süddeutschen Zeitung, die den Fall Jauch noch einmal nachgedreht hat.

Herausgekommen ist ein gewissermaßen soziologischer Befund: Die ARD sei im Übergang begriffen - WDR und SWR bekommen neue Intendanten -, nun kämpfe eine "neue öffentlich-rechtliche Korrektheit", die den Wunsch nach demokratischeren Strukturen hege, mit der "alten Macht" und diese habe "erstmals verloren".

"Einsam" werde es nun um den NDR-Altvorderen Jobst Plog. Nicht nur die Süddeutsche hat die ungewohnt kritischen Worte Plogs in einer öffentlichen Erklärung nach der Jauch-Demission hervorgehoben. Allerdings trägt der NDR weiterhin die Verantwortung für den Christiansen-Sendeplatz, und weil - wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung glaubt - hinter der Jauch-Entmutigung auch Kalkül stand ("Offenkundig gab es ein Interesse daran, Günther Jauch zu verhindern, um Frank Plasberg zu ermöglichen"), könnte der NDR nun Plasberg Steine in den Weg legen.

Und während die Financial Times Deutschland nun eine "Jauch-Grube" sich autun sieht, in der wohl die ganze ARD versinken soll, stellt die FAS - statt wohlfeile Kassandra-Rufe zu lancieren - zur Abwechselung mal eine klare Frage: "Was für eine politische Gesprächssendung wollen wir überhaupt am Sonntagabend?"
Zuletzt bearbeitet 15.01.2007 11:55 Uhr
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