Scheitern statt Chance: "taz" schließt NRW-Teil

Der Vorhang fällt für die taz NRW. Ausschnitt der Titelseite des Lokalteils vom 4. Juli 2007
Foto: Archiv Netzpresse
Der Vorhang fällt für die taz NRW. Ausschnitt der Titelseite des Lokalteils vom 4. Juli 2007
Foto: Archiv Netzpresse
Das Verhältnis der Berliner taz-Zentrale zu ihren Außenposten im Norden und Westen war schon immer ein ganz Spezielles. Wenn dann eine Delegation aus Berlin eigens in die Provinz gereist kam, verhieß das oft nichts Gutes.

So war es auch gestern in Düsseldorf: Eine prominente Berliner Abordnung mit Geschäftsführer Kalle Ruch und Chefredakteurin Bascha Mika verkündete das sofortige Aus für die taz NRW nach dreieinhalb Jahren täglichen Erscheinens. Laut Bernd Pickert, Vorstandsmitglied und Auslandsredakteur, schrieben die Regionalseiten allein im vergangenen Mai ein Monatsminus von 30.000 Euro. Den 15 Mitarbeitern stehen zum 31. August die Kündigungen ins Haus, über einen Sozialplan soll verhandelt werden.

1000 Abos
1.000 Neu-Abos - so die Forderung der Zentrale - hätte die taz NRW binnen zehn Wochen bis 30. Juni an Land ziehen müssen. Das sind nicht weniger acht Prozent der bislang dort verkauften Auflage von 12.000. Eine taz-typische Hilfsaktion unter dem Motto "Sind wir noch zu retten?" brachte 817 Neuabos, von denen die Zentrale der NRW-Redaktion nur etwa 400 Abos gutschrieb - "aufgrund nicht transparent gemachter Leser-Berechnungen", wie es heute im letzten erscheinenden Regionalteil heißt. Zum Abschied werden die "lieben LeserInnen" aufgerufen, "der Berliner Geschäftsführung zu demonstrieren, was Sie von der Abwicklung der taz in Nordrhein-Westfalen halten."

Ohne Protest und Zwist geht es eben nicht bei den verschiedenen "taz-Inis", wie sich die Initiativen zur Gründung einer alternativen Tageszeitung in den Anfangsjahren flockig bezeichneten. Allen vermeintlichen und wirklichen Animositäten zum Trotz dürfte die Einstellung der NRW-Regionalausgabe aber auch die Berliner Tazler empfindlich treffen. Denn die Gesamtauflage stagniert seit Jahren; im ersten Quartal 2007 sackte sie noch einmal deutlich auf rund 55.000 Exemplare ab.

Gescheiterte Regional-Strategie
Der Plan, durch Regionalisierung neue Leser zu gewinnen, sorgte 2003 sogar für die Gründung einer neuen Investitionsgesellschaft; nun muss er als gescheitert betrachtet werden: Schon damals wurden aus finanziellen Gründen die Hamburger und die Bremer Augabe zur taz Nord zwangsvereinigt; nun gibt man mit Nordrhein-Westfalen das bevölkerungsreichste Bundesland völlig auf. Für einen längeren Atem fehlte es wie immer am Geld.

Vermutlich steckte der Wurm aber schon im Konzept: Weder Hamburg und Bremen als "Nord"-Ausgabe noch Nordrhein-Westfalen bilden homogene Regionen, die eine gemeinsame Leser-Ansprache zuließen. Köln, Düsseldorf, das Ruhrgebiet oder Münster - sie alle sind NRW und ticken doch völlig anders. Insofern war der taz-Regionalteil keine wirklich Gefahr für die echten Regionalzeitungen an Rhein und Ruhr.

Dort scheiterte 2003 schon die Süddeutsche Zeitung mit einer eigenen Regionalausgabe. Den Münchnern hat dieser Rückzug allerdings nicht geschadet. Ob man dies im späteren Rückblick auch von der taz sagen kann, scheint sehr, sehr ungewiss.