Neue Saar-Identität: Rheinische Post statt Holtzbrinck bei der Saarbrücker Zeitung
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| 10.09.2012

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+ Künftige Gesellschafter-Anteile am Saarbrücker Zeitungsverlag
Foto: Saarbrücker Zeitung, 8./9. September 2012
Foto: Saarbrücker Zeitung, 8./9. September 2012
Pralles Paket
200 Millionen Euro sollen die seit langem als Kaufinteressent gehandelten Düsseldorfer der Süddeutschen zufolge auf den Tisch gelegt haben. Dafür bekommen sie neben der Saarbrücker Zeitung (verkaufte Auflage laut IVW: 150.000 im zweiten Quartal 2012) auch die Tochterblätter Trierischer Volksfreund (90.000) und Pfälzischer Merkur (7.750) sowie die Lausitzer Rundschau (89.000) im fernen Cottbus. Ferner gehört die Luxemburger Firma Euroscript, ein Dienstleister für Übersetzungen und Dokumenten-Management, zum prallen Paket. Alle zusammen bringen es nach eigenen Angaben auf 2.700 Mitarbeiter und einen Jahres-Umsatz von 320 Millionen Euro.
Die Rheinische Post, als eine der auflagenstärksten deutschen Regionalzeitung (344.000 Exemplare) schon eine Größe für sich, wird damit auch jenseits von NRW ein starker Player. Zudem sind die Rheinländer bereits in Tschechien, der Slowakei, Polen und den Niederlanden engagiert. Durch den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte steige der Gesamtumsatz auf deutlich über 800 Millionen Euro, teilte der Verlag mit. "Gemeinsam mit dem bestehenden Team in Saarbrücken" wolle man nun den erfolgreichen Wachstumskurs fortsetzen, lässt sich Karl Hans Arnold, Vorsitzender der Geschäftsführung der Rheinische Post Mediengruppe, zitieren.
Einmischung der Politik
Die vorsichtige Sprachregelung - es geht um Gemeinsamkeit, nicht um Übernahme - kommt nicht von ungefähr. Der Verkauf der einzigen Tageszeitung des Saarlandes ist eine sensible Angelegenheit; manches daran erinnert an die Übernahme der Frankfurter Rundschau durch den etwas weiter Rhein-aufwärts beheimateten Kölner DuMont-Verlag. Bei beiden Blättern ging es um Identitätswahrung trotz Besitzerwechsels. Und bei beiden Blättern mischte sich die Politik ein.
Bei der FR übernahm die SPD-Medienholding ddvg zwischenzeitlich die Mehrheit (und ist immer noch beteiligt). In Saarbrücken ist es die Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung Saar, kurz GSB, die seit 1. August schrittweise die 52 Holtzbrinck-Prozente übernimmt und - vorbehaltlich der Zustimmung des Bundeskartellamtes - bis Jahresende an die Rheinische Post übertragen will.
Hinter der GSB, die als Fördergesellschaft "in konfessioneller und politischer Neutralität" die "Interessen des Saarlandes" vertritt, stehen drei der CDU, SPD und FDP nahe Stiftungen - eine heute seltsam wirkende Konstruktion aus dem Jahre 1969, als die Saarbrücker Zeitung reprivatisiert wurde.
Die neue Gesellschafter-Struktur
Ab 2013 soll die Rheinische Post mit 56 Anteils-Prozenten dann nicht ganz umumschränkter Herr im Haus sein; die GSB behält nämlich 28 Prozent und damit ein "Vetorecht" (Journalist, auf dass die Saarbrücker Filiale "mit ihren regional ausgerichteten Publikationen selbstständig an ihren Standorten erhalten" bleibe. Auch die Redaktion soll weiter eigenständig sein - samt Redaktionsstatut. Die Mitarbeiter selbst bleiben über eine Beteiligungsgesellschaft mit 16 Prozent dritter Gesellschafter. So besagt es eine Tortengrafik in der Wochenend-Ausgabe der Saarbrücker Zeitung.
Die Angelegenheit ist nicht ganz unkompliziert, aber sie dient offenbar der publizistischen Eigenständigkeit - und der Wahrung der saarländischen Identität sowieso.
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