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Hashtag #opennews: Der Guardian stellt seinen Themenplan ins Netz

Die Newslist des Guardian vom 11. Oktober 2011
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Die Newslist des Guardian vom 11. Oktober 2011
Wenn es um Themenplanung oder gar exklusive Recherchen geht, sind Journalisten und Nachrichtenmedien normalerweise schmallippig. Man will der Konkurrenz ja nicht verraten, woran gearbeitet wird. Nicht so der Guardian. Die wegen ihrer Online-Innovationen und Social-Media-Aktivitäten im Netz beliebte britische Tageszeitung stellt seit gestern ihre Newslist in Tabellenform via Google Docs ins Web.

Die Liste - unterteilt in nationale und internationale Themen - erinnert an die Tagesvorschau von Nachrichtenagenturen und führt auch vor Augen, welcher Journalist oder welche Agentur wann die Berichterstattung liefern soll. Die Nutzer sind aufgerufen, via Twitter mit dem Hashtag #opennews Vorschläge zur Berichterstattung zu machen oder die mit einem Thema betrauten Journalisten direkt anzutweeten. Nach 24 Stunden finden sich bei Twitter - neben zahlreichen allgemeinen Reaktionen - etwa ein halbes Dutzend von der Redaktion per Retweet zitierte Vorschläge.

"All diese Experten ..."
Dazu schreibt Inlands-Chef Dan Roberts: "Wie wäre es, wenn Leser dem Newsdesk bei der Auswahl helfen könnten, welche Themen es wert sind, wertvolle Berichterstattungs-Ressourcen zu investieren? Wie wäre es, wenn all diese Experten, die uns nach der Veröffentlichung fröhlich berichten, was an unseren Geschichten alles falsch ist, daran beteiligt werden könnten, uns vorher mehr Hinweise zu geben? Wie wäre es, wenn der Prozess, das herauszuarbeiten, was wirklich zu recherchieren wäre, selbst ein Teil der Nachricht würde?"

Ja, wie wäre das? Der Guardian hat mit Crowdsourcing bereits Erfahrungen gemacht. Der Aufruf zur öffentlichen Auswertung der Parlamentarier-Spesen im Jahr 2009 zählt heute bereits zu den Lehrbeispielen für Nutzerbeteiligung wie für Datenjournalismus. Ob sich User tatsächlich in die doch sehr kurzfristige tägliche Themenplanung einklinken und wie die Redaktion darauf reagiert, ist eine andere Frage. Roberts verweist auf die nordschwedische Regionalzeitung Norran, die ihre Leser per Blog und Twitter bereits erfolgreich in redaktionelle Entscheidungsprozesse einbinde.

Und was die wahren Redaktionsgeheimnisse angeht - die will der Guardian nun doch nicht vorzeitig enthüllen: "Offensichtlich planen wir nicht, all unsere exklusiven oder unter Sperrfrist stehenden Inhalte aufzulisten" Zumindest für News-Junkies interessant ist die "carefully selected newslist aber auf jeden Fall, weil sie zeigt, wie eine Nachrichten-Redaktion tickt. Der Guardian hat damit einen weiteren Schritt in Sachen Transparenz unternommen.
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