Guardian, New York Times und Spiegel als Schildträger von Wikileaks

Spiegel Titel Afghanistan-Protokolle
Spiegel Titel Afghanistan-Protokolle
Der Londoner Guardian, die New York Times und das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel haben am Sonntagabend im Internet und montags in ihren Printausgaben zeitgleich exklusives Material über den Krieg in Afghanistan publiziert. Hinter der ungewöhnlichen publizistischen Allianz steht jedoch keine eigene Recherche, sondern Material von Wikileaks, das aus geheimen US-amerikanischen Militärquellen stammen soll.

Die Veröffentlichung ist der bislang größte Coup der Internet-Organisation Wikileaks, die weitgehend im Verborgenen arbeitet und deren wenige bekannte Exponenten, der Australier Julian Assange und der Deutsche Daniel Schmitt, unter falschem Namen in der Öffentlichkeit auftreten, um ihre Quellen und sich selbst zu schützen. Allerdings flog der für den letzten Wikileaks-Scoop Collatral Murder mutmaßlich verantwortliche Whistleblower, ein amerikanischer Soldat names Bradley Manning, der als Intelligence analyst Zugang zu geheimen Quellen hatte, trotz Quellenschutzes im vergangenen Mai auf: Er hatte sich selbst in einem Internet-Chat geoutet.

Geprüft und ausgewertet
Der Spiegel hat "Die Afghanistan-Protokolle: Amerikas geheimer Krieg" in seiner Montagsausgabe zum Titelthema gekürt. "Wohl noch nie zuvor war es möglich, die Wirklichkeit auf den Schlachtfeldern detailliert mit dem abzugleichen, was die Propagandamaschinerie der US-Armee darüber verlauten ließ", heißt es im Heft. Die Unterlagen habe ein Team von Spiegel-Redakteuren und -Dokumentaren geprüft und ausgewertet. Die Chefredakteure der drei Blätter hätten sich geeinigt, "besonders sensible Informationen" aus dem Geheimmaterial nicht zu veröffentlichen.

Doch was besagt das schon? Letztlich haben die drei journalistischen Mainstream-Medien-Flaggschiffe aus Deutschland, Großbritannien und den USA nur von jenem Material profitiert, das ihnen Wikileaks-Mann Assange in London präsentiert hatte. Auch ohne sie wäre es veröffentlicht worden - auf der Wikileaks-Website, ohne Staats-Raison und über 90.000 Dokumente stark, für alle Welt lesbar und auswertbar im einzig adäquaten Medium, im Internet.