Ach nein, wirklich? Bertelsmann stößt sein Musikgeschäft ab, und diesmal ist es keine Meldung aus der Kategorie "angeblich" mehr, sondern hartes Faktum: Der Gütersloher Konzern verkauft seinen 50-Prozent-Anteil an dem erst 2004 formierten Musik-Joint-Venture Sony BMG an den japanischen Partner.
Das Geschäft hat ein Volumen von 1,5 Milliarden Dollar und sichert dem Bertelsmann-Dienstleister Arvato zudem für weitere sechs Jahre die Produktion und Distribution von CDs. Das Geld kann der Familien-Konzern nach dem milliardenschweren Rückkauf von Firmenanteilen gut gebrauchen. Angesichts des Wertverlustes der Musikindustrie erscheint die "Scheidung mit Schmerzen" (Handelsblatt) sogar noch als guter Deal.
Ein Deal mit einer langen Geschichte
1958 hatte der Buchclub-Konzern die Plattenfirma Ariola gegründet, der Grundstein für den späteren Musik-Multi Bertelsmann Music Group (BMG). Die Fusion mit Sony, die den Konzentrationsprozess in der Branche symbolisierte, hielt allerdings nur noch vier Jahre. Weil das Musikgeschäft im Internet-Zeitalter nicht mehr genug Geld abwarf, wurde es zum Streichkandidaten des neuen Bertelsmann-Chefs Hartmut Ostrowski. Während Partner Sony Rootkits auf seinen CDs installierte, um sie vor Kopien zu schützen, hatte Bertelsmann sogar versucht, mit der Übernahme von Napster, der Mutter aller Tauschbörsen, das Geschäft vom Kopf auf die Füße zu stellen..
Am Beispiel Bertelsmann lässt sich sehr gut die Schnelllebigkeit des Mediengeschäftes studieren: Der Gigant wird selbst zum Transformator, der sich dem Technologiewandel ständig anpassen muss. Ganze Unternehmensbereiche kommen unter die Guillotine, wenn die Rendite schwächelt. Selbst das Stammgeschäft mit den Buchclubs ist nicht mehr sicher: Die internationale Expansion hat Ostrowski schon wieder zurückgefahren.
Bertelsmann anno 2008 ist vor allem ein Logistik- und Dienstleistungskonzern. Die Inhalte dagegen sind flüchtig, wenn sie sich nicht mehr gewinnbringend auswerten lassen. Auch über einen Verkauf von Gruner+Jahr - möglicherweise an die Famile Jahr - wird schon spekuliert. Da droht dem Printgeschäft ein ähnliches Schicksal wie der Musik-Presserei.