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Rechtsradikale Unterwanderung von DJV-Verbänden?

"Soll ein Journalist noch Mitglied im Berliner Landesverband des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) sein?" So fragt der gewiss nicht für Panikmache bekannte Tagesspiegel nach der auf "skandalöse Art und Weise" abgelaufenen Hauptversammlung des DJV-Berlin. Dort ließ sich der Vorsitzende Alexander Kulpok, langjähriger Fernsehjournalist beim SFB und ehemaliger Leiter des ARD-Teletextes, unter zeitweise tumultartigen Zuständen mit 200 Stimmen gegen RBB-Programmkoordinator Gerhard Kothy (173 Stimmen) wiederwählen. Brandenburger Wahlkolonne Für die Mehrheit hat offenbar eine Gruppe von mehreren Dutzend erst kurz vor der Wahl aufgenommenen Neumitgliedern gesorgt, die Kulpok zum Wechsel aus dem Brandenburger DJV nach Berlin überredet hatte, wie er selbst mitteilte. Sie kommen teilweise aus einem sogenannten Verband Junger Journalisten, dessen Gründungsvorsitzender Torsten Witt sich wiederum am 15. Mai zum stellvertretenden DJV-Vorsitzenden in Brandenburg hatte wählen lassen. Witt wird weithin der rechten Szene zugerechnet: Als Journalist arbeitete er für die Junge Freiheit, als Politiker kandidierte er für den rechtskonservativen "Bund Freier Bürger". Der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken hat deshalb bereits seinen Rücktritt und die Durchführung von Neuwahlen in Brandenburg gefordert. Begründung: "Im Deutschen Journalisten-Verband ist kein Platz für Rechtsextremisten." Nun wird man sich wohl vor Gericht treffen: Witt hat einem taz-Bericht zufolge gegen Konken Klage eingereicht. Der DJV wiederum teilte mit, die Wahlen in Brandenburg und Berlin von einer Rechtsanwältin juristisch überprüfen zu lassen. Dies geschehe mit dem Einverständnis der beiden gewählten Landeschefs Bernd Martin und Kulpok. Sofern sich keine Verfahrensfehlern herausstellen, wären die Mittel des Bundes-DJV freilich begrenzt, die unliebsamen Vorgänge zu annullieren. Denn die Landesverbände besitzen satzungsgemäß eine hohe Selbständigkeit. Sowohl in Brandenburg als auch in Berlin, wo seit längerem eine Opposition unter dem Titel Berliner Journalisten firmiert, gab es Forderungen nach Neuwahlen. Witt war bei der Berliner Versammlung ebenfalls anwesend, wurde aber des Saals verwiesen. Kulpok habe jedoch, so die Opposition, vier Mitglieder aus Witts Kameradenkreis für den neuen Vorstand vorgeschlagen - als Dank für die Wahlhilfe? Kulpoks Dementi Der neue und alte Vorsitzende selbst bezeichnete die unter dem Schutz von Ordnern durchgeführte Hauptversammlung laut Tagesspiegel als "Tiefpunkt in unserer Verbandsgeschichte" und räumte ein, dass die "Art der Verwahrlosung der Sitten" viele Mitglieder abschrecke. Während er zu Witt auf Distanz ging ("wenn überhaupt, ein Brandenburger Problem"), nahm Kulpok den Verband Junger Journalisten jedoch in einer Pressemitteilung vor dem Vorwurf rechtsradikaler Tendenzen in Schutz: Er kenne dort "nur Mitglieder der SPD, CDU oder PDS und junge Menschen mit jüdischem Background". Der Hauptversammlungs-Eklat ist nur das letzte Glied einer Kette von Widrigkeiten im Berliner DJV. Ende 2002 hatte Geschäftsführer Jürgen Grimming wegen der hohen Verschuldung des Landesverbandes aufgeben müssen. In den letzten Monaten waren mehrere Vorstandmitglieder zurückgetreten. Kulpok selbst lehnte auf der Versammlung jede Verantwortung für die Misswirtschaft ab und sagte, der Verband schreibe wieder schwarze Zahlen.
Zuletzt bearbeitet 08.06.2004 13:16 Uhr
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