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Weblogs professionell

Arnold Picot, Tim Fischer (Hrsg.): Weblogs professionell. Grundlagen, Konzepte und Praxis im unternehmerischen Umfeld. dpunkt 2005, 276 Seiten, Broschur, Euro 34,00

Interessant, wie sich Weblogs langsam aber sicher zum Allgemeingut entwickeln. Auch Journalisten bloggen inzwischen mit. Selbst Verlage entdecken die Weblogs als publizistische Form. Damit stellt sich auch die Frage, wie man solche Internet-Tagebücher professionell betreibt, zur Kommunikation nutzt oder damit Geld verdient.

Wirklich beantworten kann der vorliegende Sammelband dies allerdings nicht; insofern mag der Buchtitel manchen Interessenten in die Irre führen: Es gibt eben keine Anleitung, wie ein Weblog "professionell" zu betreiben wäre. Vielmehr geht das Buch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten an das Thema heran: Nach den obligatorischen Grundlagen folgen zwei Kapitel über die Dienstbarmachung von Weblogs zur Unternehmens-Kommunikation sowie das Verhältnis von Blogs und klassischem Journalismus - das, was die Verfasser unter einem "professionellen" Einsatz von Weblogs verstehen.

Diese Art, das Thema anzugehen, überrascht nicht, wenn man liest, dass beiden Herausgeber im Kaufmännischen wurzeln; Picot ist Professor, Fischer Dozent am Institut für Information, Organisation und Management der Uni München. Die Autoren stammen ebenfalls aus dem universitären Umfeld, sind Unternehmenspraktiker oder - das gibt es offenbar wirklich: - "Blog-Berater". Damit wäre das Bloggen wohl im Business-Mainstream angekommen. So verwundert es nicht, wenn die Autoren routiniert mit Anglizismen wie "CEO-Blog" (hier tagebucht der Chef persönlich) oder "Issues Management" (heikle Themen frühzeitig erkennen und abbiegen) umgehen.

Bei der Lektüre zeigt sich allerdings auch, dass Bloggen immer noch eine sehr junge Medientechnik ist. Anders ist nicht zu erklären, dass in den einzelnen Aufsätzen häufig die gleichen Quellen zitiert werden. Das schmälert den Erkenntniswert des Bandes. Zudem kommen die Praxisbeispiele im letzten Kapitel des Buches teilweise wie plumpe Eigenwerbung von Firmen herüber. Keines der Fallbeispiele beschäftigt sich tatsächlich mit der "Mache" eines Weblogs.

Spannend wird es immerhin, wenn einzelne Autoren unterschiedliche Thesen vertreten. So diskreditiert etwa der Online-Journalismus-Experte Christoph Neuberger in einem einzigen Satz den zuvor kapitelweit verhandelten Wert von Unternehmens-Blogs für Firmen-PR und interne Kommunikation, indem er diesen die Authentizität abspricht (Zitat: "Das Image der Weblogs als authentische Stimme der engagierten Bürger im Netz wird dadurch allerdings noch fraglicher").

Neuberger selbst wird mit seiner Ansicht, das Weblogs dem klassischen Journalismus als Ergänzung oder Korrektiv ("Watch-Blogs") dienen können, dann allerdings von den idealistischen Sichweisen engagierter Blog-Verfechter, die Hans-Jürgen Bucher und Steffen Büffel im nachfolgenden Aufsatz vorstellen, überholt: Weblogs, so heißt es dort, begründen einen Journalismus für die "Weltgesellschaft", der keine Journalisten als "Gatekeeper" mehr braucht. Denn die Blogosphäre korrigiert sich im Idealfall selbst.
Zuletzt bearbeitet 14.12.2005 11:33 Uhr
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