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Die Ehre des Boulevardjournalismus vor Gericht

Bild-Chefredakteur Kai Diekmann braucht sich nicht zu wundern, wenn andere seine Persönlichkeitsrechte verletzen, denn mit seiner Zeitung ist er ja auch nicht zimperlich. So lässt sich ein Urteil des Berliner Landgerichtes zusammenfassen, dessen schriftliche Begründung jetzt vorliegt. Diekmann hat dagegen Berufung eingelegt. Es geht um einen an sich läppischen Rechtsstreit ("Penis-Prozess") mit der Tageszeitung, der Diekmann schon reichlich Schadenfreude eingebracht hat. Das Gericht hatte sein Begehren auf 30.000 Euro Schadenersatz wegen eines gefakten Artikels auf der "Wahrheit"-Satireseite zwar abgewiesen, zugleich aber der Taz untersagt, weiterhin zu behaupten, dass sich Diekmann einer - verunglückten - Penis-Verlängerung unterzogen habe. So weit, so gut. Richterliche Generalabrechnung Die inzwischen zugestellte schriftliche Urteilsbegründung liest sich allerdings wie eine Generalabrechnung mit der Bild-Zeitung: Diekmann habe keinen Abspruch auf Schadenersatz, weil er als Chefredakteur "bewusst seinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Persönlichkeitsrechtsverletzung anderer" gesucht habe und deshalb "weniger schwer durch die Verletzung seines eigenen Persönlichkeitsrechts belastet" werde. Soll heißen: Diekmann braucht sich gar nicht zu wundern. "Denn er hat sich mit Wissen und Wollen in das Geschäft der Persönlichkeitsrechtsverletzungen begeben und wird daher - nach allgemeinen Regeln menschlichen Zusammenlebens - davon ausgehen, dass diejenigen Maßstäbe, die er anderen gegenüber anlegt, auch für ihn selbst von Belang sind." Intimsphäre von Boulevardjournalisten Diekmann wird den Prozess nun in die nächste Instanz ziehen. Dabei geht es dann allerdings nicht mehr um das Gaudium an Penislängen, sondern um die rechtliche Beurteilung eines Richterspruchs. Die Ehre des Boulevard-Journalismus steht zur Debatte. Gegenüber dem Tagesspiegel kritisierte Diekmann, "dass Vorurteile gegenüber dem Chefredakteur einer Boulevardzeitung und dem Boulevardjournalismus zur Grundlage eines Urteils gemacht werden". Die Begründung der Kammer führe dazu, "dass alle Journalisten, die mit dem Boulevard-Journalismus ihr Geld verdienen, sich nicht auf den Schutz ihrer Intimsphäre berufen können".
Zuletzt bearbeitet 18.01.2003 15:02 Uhr
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