ARD und ZDF verabschieden Selbstverpflichtungen

Jetzt haben ARD und ZDF ihre eigenen "Verfassungen". Was bei den einen "Leitlinien", bei den anderen "Programm-Perspektiven" heißt, stellt erstmals den Versuch dar, die Entwicklung der öffentlich-rechtlichen Systeme in auch für Gebührenzahler transparente Selbstverpflichtungen zu gießen. Peinlicherweise konnten auf Anfrage weder die Pressestellen des ZDF noch des NDR (für die ARD) einen gültigen Web-Link benennen, unter dem jene Gebührenzahler die Erklärungen einsehen können. Wozu verpflichten sich ARD und ZDF nun? Zunächst zu einem Mindestmaß an Information: Beim ZDF sind es 50, bei der ARD 40 Prozent, wobei die unterschiedlichen Werte etwas über die fließenden Grenzen zwischen Information und Infotainment aussagen. Während man beim ZDF über der Frage, was denn nun Informationsprogramm sei und was nicht, in der Vergangenheit schon einmal ziemlich durcheinander geraten ist, rechnet die ARD, wie bei der Vorstellung der "Leitlinien" in Köln gesagt wurde, keine "Mischformen" dazu. Nicht enthalten ist beim Anstaltenverbund auch der Sport, der mit noch einmal zehn Prozent "Sportinformation" veranschlagt wird. Dazu zählen dann wohl auch Waldi Hartmanns Duz-Interviews. Programm und Sponsoring trennen Dann zur Ethik: (Schleich-) Werbung und redaktionelles Program sollen streng separiert werden. Nach dem ZDF, das wegen Gottschalks Gummibärchen und gesponserten Gesundheitsssendungen besonders ins Zwielicht geraten war und auch seine Kooperation mit T-Online auslaufen lässt, bekennt sich auch die ARD zur strikten Trennung. 0190er-Telefonaktionen machen beide Systeme nicht mehr. Auf Werbung und Sponsoring wollen die Öffentlich-Rechtlichen aber nicht generell verzichten, gleichwohl gemeinsame Leitlinien verabschieden, wie es in Köln hieß. Weitere Kernaufgaben sieht die ARD bei Kultur, Bildung und Beratung sowie Unterhaltung. Ganz aktuell wird festgehalten, dass sich ARD-Unterhaltungsprogramme "durch das unbedingte Festhalten an Werten wie Respekt, Toleranz und Achtung der Menschenwürde" auszeichnen. Das ZDF setzt indes in seinen Show- und Unterhaltungsprogrammen auf die "Verbindung aus Ereignis, Erlebnis und nützlichem Wissen". Bleibt die Frage, wer das alles bezahlen soll. Zwar verpflichten sich beide Systeme zum verantwortungsbewussten Umgang mit den Gebührengeldern, doch stellen die Leitlinien keine Sparkonzepte dar. Das müssen sie auch nicht. Die Frage, ob etwa die Rundfunkorchester und -chöre weiterhin alimentiert werden sollen, wie dies die ARD plant, richtet sich an die Gesellschaft: Was ist uns die Kultur noch wert, wieviele Klangkörper brauchen wir? Sicher, ein Rundfunkorchester haben RTL, Sat.1 und Co. nicht. Dafür aber viele Sendeformate a la "Popstars", die von den Öffentlich-Rechtlichen teils übernommen wurden. Wenn ARD und ZDF heute ihre Selbstverpflichtungen nicht zuletzt auch als Kontrastprogramm zu den Privaten verkaufen, dann werden sie sich auch an ihren hehren Absichtserklärungen messen lassen müssen. Allzu viel zu messen gibt es freilich nicht, denn die neue Transparenz der Öffentlich-Rechtlichen leidet unter dem Umstand, dass man sich auch wieder nicht zu sehr in die Karten gucken lassen will, schon gar nicht von der privaten Konkurrenz.
Zuletzt bearbeitet 16.09.2004 13:30 Uhr